Neue Daten zeigen: Die Generation Z ist zwar seltener krankgeschrieben, leidet aber deutlich häufiger unter psychischen Problemen. Auch der Medienkonsum dürfte hier eine Rolle spielen. Gleichzeitig fehlen Therapieplätze, besonders für Kinder und Jugendliche. Es braucht dringend strukturelle Verbesserungen in der Versorgung.
Im Juli dieses Jahres ist der aktuelle DAK-Report „Generation Z in der Arbeitswelt“ erschienen – und er zeichnet ein besorgniserregendes Bild. Bei der Befragung von gut 7.000 Beschäftigten zeigte sich, dass die Generation Z – also die Gruppe der unter 30-Jährigen – zwar seltener krankgeschrieben ist als andere Altersgruppen, sie hat aber eine erhöhte Anfälligkeit für psychische Belastungen.
Der Krankenstand in dieser Altersgruppe liegt laut dem Report mit 4,7 Prozent unter dem Durchschnitt der DAK-Versicherten. Auffällig ist jedoch, dass psychische Erkrankungen bei den unter 30-Jährigen zu den häufigsten Krankschreibungsgründen gehören – sie liegen auf Platz zwei nach Atemwegserkrankungen. Bei 26 Prozent der jungen Beschäftigten zwischen 18 und 29 Jahren lag in den zwei Wochen vor der Befragung eine depressive Symptomatik vor. Bei den 18- bis 24-Jährigen gaben dies sogar 37 Prozent an.
Digitale Medien als ein Belastungsfaktor
Auch wenn dies nur Zahlen lediglich einer der großen deutschen Krankenkassen sind – dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene psychisch zunehmend unter Druck stehen, zeigen auch andere Untersuchungen.
Auf der Suche nach Ursachen für den Anstieg von psychischen Erkrankungen bei den sogenannten Digital natives liefert eine weitere Untersuchung der DAK und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) Antworten: In der im März 2025 erschienenen Suchtstudie wird deutlich, dass Millionen Kinder Probleme durch Medienkonsum haben.
Die Generation Z ist auch die Generation der Digital natives, also als erste mit Smartphones aufgewachsen. Für sie ist es normal, quasi permanent online zu sein – analoges und digitales Leben verschmelzen zusehends. Mit sichtbaren Folgen: Mehr als ein Viertel der 10- bis 17-Jährigen hat der DAK-Suchtstudie zufolge einen riskanten oder krankhaften Umgang mit digitalen Medien – damit sind rund 1,3 Millionen junge Menschen betroffen. Eine*r von 20 wird als medienabhängig eingestuft.
Studien belegen Zusammenhang mit psychischer Gesundheit
Die wissenschaftliche Evidenz spricht eine klare Sprache: Der Zusammenhang zwischen exzessivem Medienkonsum und psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder sozialem Rückzug ist inzwischen mit internationalen Studien belegt. Besonders Mädchen und junge Frauen sind gefährdet – mit einem Anstieg von 50 Prozent bei Essstörungen und 30 Prozent bei Depressionen in den letzten Jahren. Unter Medienabhängigkeit hingegen leiden häufiger Jungen: Laut Die DAK-Suchtstudie sind sechs Prozent der Jungen und 3,2 Prozent der Mädchen betroffen.
Der Handlungsdruck wächst. Beim letzten Deutschen Psychotherapeutentag wurde eine Resolution zum Thema soziale Medien und Kinder- und Jugendlichen-Gesundheit verabschiedet. Die PtK Berlin sowie die drei Bezirksstadträte von Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneber und Marzahn-Hellersdorf fordern die Politik auf, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen und Lösungswege zu finden.
Versorgungslücken in der Psychotherapie
Während der Bedarf an psychotherapeutischer Hilfe rasant wächst, fehlt es an adäquaten Versorgungsstrukturen. Kinder und Jugendliche warten im Schnitt sechs Monate auf einen Therapieplatz – eine fatale Verzögerung, die Leid verlängert und Heilungschancen mindert.
Eine Studie der Universität Leipzig vom Februar dieses Jahres, der „Monitor, Bildung und psychische Gesundheit“, macht deutlich, dass die psychosozialen Belastungen von Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben. Zu den belastenden Faktoren zählen demnach unter anderem die Folgen der Corona-Pandemie, die Klimakrise, internationale Konflikte, soziale Unsicherheit sowie schulischer Leistungsdruck und der Mangel an Lehrkräften.
Schulen können nicht auffangen, was fehlt
Das Deutsche Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung weist zudem darauf hin, dass es gleichzeitig an ausreichenden Unterstützungs- und Beratungsstrukturen mangele – insbesondere im schulischen Umfeld. Die Ergebnisse würden deutlich zeigen, dass die bestehenden Angebote nicht ausreichen, um dem steigenden Unterstützungsbedarf gerecht zu werden, so die Autor*innen.
Dass es um die psychische Verfassung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland nicht gut bestellt ist, zeigen zahlreiche Untersuchungen. Jedes fünfte Kind in Deutschland gilt inzwischen als psychisch belastet - und psychische Belastungen führen zu psychischen Erkrankungen, wenn nicht frühzeitig reagiert wird.
Strukturelle Änderungen dringend erforderlich
Psychotherapeutische Praxen für Kinder und Jugendliche sind seit Jahren überfordert, da die Zahl an Therapieanfragen stetig zunimmt. Ein Grund ist die überholte Bedarfsplanung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen. Eine eigene Planung für KJP- Psychotherapeut*innen ist dringend nötig.
Der Mangel an Psychotherapieplätzen ist besorgniserregend. Bereits vor der Corona-Pandemie registrierten die KJP-Praxen einen spürbaren Anstieg des Bedarfs nach Psychotherapie. Die Pandemie wirkte als zusätzlicher Beschleuniger, und bis heute ist der Bedarf nicht zurückgegangen, sondern im Gegenteil weiter gestiegen. Wir müssen uns also fragen, wie effektiv die vorgeschalteten Strukturen sind und wie frühzeitig gegengesteuert werden kann. Die gesellschaftliche Teilhabe der zukünftigen Generationen steht sonst auf dem Spiel.
Anna Heike Grüneke, Vorstandsmitglied PtK Berlin