Die neue Regierungskoalition hat die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Die konkrete Umsetzung ist jedoch weiterhin ungeklärt. Felix Kiunke engagiert sich seit mehreren Jahren für eine gesetzlich gesicherte Finanzierung und erklärt, warum das Thema drängt.
Felix Kiunke (28) hat in Kassel im Masterstudiengang Klinische Psychologie und Psychotherapie studiert und die neue Approbationsprüfung abgelegt. Im Frühjahr 2023 reichte er die erfolgreiche Bundestagspetition zur Finanzierung der neuen Weiterbildung ein, die mehr als 70.000 Mal unterzeichnet wurde. Er engagiert sich weiter in der Psychologie-Fachschaften-Konferenz und im PtW-Forum, das die künftigen Psychotherapeut*innen in Weiterbildung vertritt und für die Finanzierung der Weiterbildung kämpft.
Wie schätzen Sie den Stand der Dinge im Kampf um die Finanzierung der Weiterbildung ein?
Felix Kiunke: Der Zusammenbruch der Ampelkoalition war für uns natürlich ein Rückschlag. Nicht nur, weil die geplanten Regelungen für die Weiterbildungsinstitute in einem Gesetzesentwurf schon sehr weit gediehen waren und plötzlich doch nicht mehr verabschiedet wurden, sondern auch, weil damit klar war, dass wir viel Zeit verlieren, bis die neue Regierung sich gebildet hat und das Thema angehen wird. Einen ersten Erfolg konnten wir aber gemeinsam schon erzielen: Im Koalitionsvertrag steht, dass die Weiterbildungsfinanzierung sichergestellt werden soll.
Lässt sich bereits abschätzen, wie die schwarz-rote Koalition ihre Absichtserklärung zur Weiterbildungsfinanzierung umsetzen wird?
Die Zusage im Koalitionsvertrag ist ein erster Erfolg und eine notwendige Voraussetzung für eine Regelung. Aber natürlich ist ein Koalitionsvertrag nur eine Absichtserklärung und die Formulierung enthält keinen zeitlichen Rahmen. Für uns ist entscheidend, dass die Finanzierungsfrage jetzt schnellstmöglich angegangen wird, denn schon jetzt gibt es viele hundert Absolvent*innen des neuen Studiengangs.
In diesem Jahr werden außerdem die ersten ihr Studium abschließen, die nicht mehr unter die Übergangsregelung fallen und somit nicht mehr die alte Ausbildung absolvieren können. Sie sind zwingend auf die neuen Weiterbildungsplätze angewiesen, die es ohne eine Finanzierung nicht ausreichend geben wird. Wir fordern die neue Gesundheitsministerin Nina Warken also auf, schnell tätig zu werden, denn die Politik hat schon viel zu viel Zeit verloren.
Was sind die nächsten Schritte im Kampf um die Finanzierung?
Nachdem die neue Regierung jetzt steht und der Gesundheitsausschuss des Bundestags besetzt ist, werden wir zusammen mit den Kammern und Verbänden weiter das Gespräch mit den Gesundheitspolitiker*innen und mit Frau Warken suchen. Wir wollen deutlich machen, dass das Thema keinen weiteren Aufschub duldet, und haben die Zeit bis zur Sommerpause genutzt, um unser Anliegen politisch zu platzieren.
Das geht zum Beispiel, indem man die für sich zuständigen Abgeordneten kontaktiert und deren Bürgersprechstunden wahrnimmt. Wir werden in den nächsten Wochen beobachten, wie sich die neue Ministerin positioniert, und sind natürlich auch bereit, wenn nötig ein weiteres Mal auf die Straße zu gehen!
Was erwartet die Neuapprobierten, wenn es keine staatliche Finanzierung der Weiterbildung gibt?
Ich würde sagen: Solange es noch keine geregelte Finanzierung gibt, werden wir uns weiterhin mit vereinten Kräften dafür einsetzen. Doch ich bin überzeugt, dass Regelungen kommen werden. Es ist zwar absehbar, dass es auch Weiterbildungsstätten geben wird, die ohne Zusatzfinanzierung Stellen anbieten werden – als querfinanzierte Pilotprojekte. Aber das würde sicher auch eine schlechtere Bezahlung und eine hohe Arbeitslast für die Psychotherapeut*innen in Weiterbildung bedeuten.
Würde das denn reichen, um flächendeckend genügend Weiterbildungsplätze zu etablieren?
Nein. Und wir müssen dabei sehr aufpassen, dass sich solche Arbeitsbedingungen nicht dauerhaft festsetzen. Denn das Ziel der Reform war immer, die schlechten Bedingungen in der Ausbildung abzuschaffen.
Was machen die Neuapprobierten aktuell beruflich, um die Zeit bis zum Beginn der Weiterbildung zu überbrücken?
Die bisherigen Approbierten haben im Rahmen der Übergangsregelungen größtenteils noch die Möglichkeit, die Ausbildung nach dem altem System zu absolvieren, und viele von ihnen nehmen die schlechte Bezahlung und die finanzielle Belastung auf sich. Das geht aber nur für diejenigen, die ihr Studium vor 2020 begonnen haben. Viele suchen sich Stellen als klinische Psycholog*in oder etwa in Beratungsstellen und Wohneinrichtungen. Eine Dauerlösung ist das natürlich nicht. Und je länger es dauert, bis die Weiterbildungsplätze geschaffen werden können, desto mehr von uns befinden sich in der Warteschleife.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Manfred Thielen.