Neun Jahre nach dem Anschlag am Breitscheidplatz wird deutlich, wie wichtig gut abgestimmte Strukturen zur psychosozialen Versorgung sind. Um tragfähige Strukturen und langfristige Unterstützung auf- und auszubauen, engagiert sich die Psychotherapeutenkammer Berlin künftig im Beirat für Psychosoziale Notfallversorgung.
Dieses Jahr jährt sich zum neunten Mal der Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Elf Menschen starben, viele weitere wurden verletzt und traumatisiert. Ein Schockmoment für Berlin, bei dem das erste Mal das Berliner Konzept zur psychosozialen Notfallversorgung Umsetzung fand.
Im Akutfall funktionierte dies gut, allerdings gab es damals noch keine zentrale Anlaufstelle für Betroffene und deren Angehörige. Auch die Weitervermittlung in die mittel- und langfristige Versorgung gestaltete sich schwierig.
Eine zentrale Anlaufstelle wurde schließlich 2018 geschaffen, 2021 trat das „Psychosoziale Notfallversorgungsgesetz Berlin“ in Kraft. Es sieht die Einrichtung eines Landesbeirates für Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) vor, der die Strukturen und Qualitätsstandards der PSNV in Berlin nachhaltig stärken und weiterentwickeln soll.
Für klar abgestimmte Zuständigkeiten und Abläufe
Nachdem im Juni 2025 die konstituierende Sitzung stattgefunden hat, wurde am 10. Dezember 2025 die Psychotherapeutenkammer Berlin einstimmig als neues Mitglied des Beirates gewählt. Justus Münster, Landesbeauftragter für PSNV, zeigte sich darüber erfreut, dass die Psychotherapeutenkammer künftig die psychosoziale Notfallversorgung in Berlin mitgestalten wird.
Um eine reibungslose psychosoziale Versorgung im Großschadensfall zu gewährleisten, braucht es zuvor klar abgestimmte Zuständigkeiten und Abläufe. Der Psychotherapeutenkammer Berlin war es deshalb schon länger ein Anliegen, in die Berliner PSNV-Strukturen aufgenommen zu werden.
Gezielte Entwicklung von Strukturen für bestmögliche mittel- und langfristige Versorgung
Bisher hat die Psychotherapeutenkammer Berlin in Krisenfällen ad hoc dabei unterstützt, Betroffene mit psychotherapeutischem Bedarf an Mitglieder zu vermitteln, die kurzfristig freie Therapieplätze zur Verfügung stellen konnten. So zuletzt 2022, als Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine begann.
Da 2022 neben der Psychotherapeutenkammer auch viele andere Einrichtungen und Organisationen spontane Hilfsangebote für die psychosoziale Versorgung von Geflüchteten entwickelten, eine zentrale Koordinierungsstelle jedoch fehlte, rief die Psychotherapeutenkammer damals unter der Leitung von Frau Dr. Lea Gutz zusätzlich die Round-Table-Gespräche „Psychosoziale Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine und Ersthelfer*innen in Berlin“ ins Leben.
Diese ermöglichten eine Vernetzung der Akteur*innen (Notfallseelsorge, Krisendienst, Beratungsstellen, Kliniken, Ambulanzen u.a.), die Erhebung von Bedarfen sowie die Vermittlung in passende Hilfsangebote.
Als Mitglied im Beirat PSNV wird sich die Psychotherapeutenkammer Berlin nun aktiv daran beteiligen, Strukturen für funktionierende Schnittstellen in die mittel- und langfristige Versorgung zu entwickeln und zu etablieren.
Dr. Lea Gutz