Bericht zur 7. Fachtagung „Schnittstellen zwischen Prävention, Rehabilitation und Psychotherapie – Traumatische Ereignisse in der Arbeitswelt“
Traumatische Ereignisse in der Arbeitswelt können die psychische Gesundheit der Betriebsangehörigen stark beeinträchtigen. Betroffen sein können unterschiedliche Arbeitsbereiche. So kann es im Bau – und Handwerkssektor zu Unfallereignissen kommen. Angehörige von Polizei und Rettungsdiensten können von Gewaltverbrechen betroffen sein. Und auch Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, sind zunehmend mit Gewalt konfrontiert.
Betroffene können ernsthafte psychische Folgestörungen entwickeln, etwa die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) oder eine depressive Erkrankung. Viele leiden in der Folge unter einer sie psychisch belastenden Symptomatik, die häufig mit starken Ängsten und einhergehendem sozialen Rückzug verbunden ist. Um längerfristige Krankschreibungen zu verhindern, wurden in den vergangenen Jahren entsprechende betriebliche Maßnahmen entwickelt, die den Betroffenen helfen sollen, psychisch belastende Erlebnisse – also auch traumatische Ereignisse - möglichst frühzeitig zu verarbeiten.
Prävention: Angebote am Arbeitsplatz
Zahlreiche präventive Leistungen am Arbeitsplatz haben sich hier als wirksam erwiesen, etwa Schulung und Sensibilisierung durch Ausbilder, anonyme Befragungen, die Schaffung einer offenen Kommunikationskultur, eine Anpassung der Arbeitsbedingungen zur Stressprävention, Notfallpläne sowie Peer-Support-Programme, in denen sich Mitarbeiter*innen gegenseitig unterstützen können.
Zudem können Unternehmen den Zugang zu psychologischer Beratung oder Coaching bei therapeu-tischen Fachkräften anbieten. Wenn davon ausgegangen wird, dass ein*e Mitarbeiter*in bereits eine psychische Folgestörung (PTBS, Depression) entwickelt hat, leitet das Unternehmen optimaler-weise an eine qualifizierte Einrichtung (Klinik, ambulante Praxis, Beratungsstelle) in der Nähe weiter, in der psychotherapeutisch tätige Fachkräfte mit wissenschaftlich fundierten traumafokussierten Behandlungsansätzen die Therapie durchführen.
Fachtagung beleuchtet Definition, Symptome und Behandlungsansätze
Zu diesem wichtigen Themenkomplex fand am 1. und 2. April 2025 in Dresden die 7. Fachtagung „Schnittstellen zwischen Prävention, Rehabilitation und Psychotherapie“ statt, auf der die Berliner Psychotherapeutenkammer durch die Kommission Betriebliche Prävention mit ihren Mitgliedern Ute Meybohm (Vorstands- und Kommissionsmitglied), Sandra Cotta und Archontula Karameros (Kommissionsmitglied) vertreten war. Organisiert von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), den Berufsgenossenschaften und der Bundespsychotherapeutenkammer stand das Thema „Traumatische Ereignisse in der Arbeitswelt“ im Mittelpunkt.
Analysen belegen hohe Wirksamkeit von Psychotherapie
In Vorträgen beleuchteten unter anderem Dr. Dipl. Psych. Anne Boos-Moll und Prof. Dr. Maria Böttche die Definition, Symptomcluster und Behandlungsansätze von Traumata und Traumafolgestörungen (PTBS). Gestützt auf Metaanalysen unterstrichen sie die hohe Wirksamkeit von Psychotherapie und stellten innovative Ansätze wie videobasierte Therapien und Virtual-Reality-Interventionen als vielversprechende Wege zur Verbesserung der Zugänglichkeit vor.
Wie die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung sich als Konsequenz des Bundessozialgerichtsurteil vom 22. Juni 2023, durch das PTBS erstmals als „Wie-Berufserkrankung“ (§ 9 Abs. 2 SGB VII, Quelle: Bundessozialgericht, Dirk Felmeden) anerkannt wurde, verstärkt mit psychischen Erkrankungen auseinandersetzt, erläuterte Roman Hartkamp, Referent für Gesundheitswesen, Heilbehandlung und Teilhabe der DGUV: Im Referat eingerichteter Schwerpunkt zum Thema Psyche koordiniert dort nun den fachlichen Austausch und die Organisation von Veranstaltungen und erstellt Statistiken zu gemeldeten traumatischen Ereignissen, Begutachtungen und die Gesamtstatistik der von der DGUV finanzierten psychotherapeutischen Verfahren (PT-V).
Jennifer Laborge von der BG Bau präsentierte die psychologische Online-Beratung der BG Bau. Dieses niedrigschwellige Angebot bietet Versicherten nach traumatischen Ereignissen oder schweren körperlichen Verletzungen eine schnelle und unkomplizierte Erstversorgung. Es ist mehrsprachig, flexibel nutzbar und ohne Wartezeiten zugänglich.
Reger interdisziplinärer Austausch in Workshops
Als sehr wertvoll wurde auf der Tagung der interdisziplinäre Austausch zwischen Psychotherapeut*innen, Ingenieur*innen, Arbeitsmediziner*innen, Reha-Berater*innen, Vertreter*innen der Unfallkassen und BEM-Beauftragten erlebt, der unter anderem in den Workshops stattfand. Zwei sollen hier beispielhaft vorgestellt werden:
Workshop zu Psychosozialer Notfallversorgung
Prof. Dr. Sabine Rehmer unterstich hier die Notwendigkeit, psychosoziale Notfallversorgung in Unternehmen zu implementieren, denn Arbeitgeber*innen tragen die Verantwortung, traumatische Ereignisse präventiv zu verhindern und deren Folgen für Betroffene zu minimieren. Rehmer betonte auch, wie wichtig frühzeitige psychologische Unterstützung ist. Sie empfahl zudem die Erstellung eines betriebsspezifischen Betreuungskonzeptes und eines Notfallplanes.
Workshop zu Stress- und Trauma-Prävention am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Christian Hannig vom UKE präsentierte die theoretischen Grundlagen und Hintergründe der Peer-Beratung im Einsatz- und Gesundheitswesen sowie die betriebliche Stress- und Trauma-Prävention am UKE im Kontext des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Das Klinikum verfügt über ein etabliertes Meldesystem für „Arbeitsunfälle Psych“ sowie eine PSU-Helpline für telefonische Unterstützung durch geschulte Peers. Dabei wird besonderer Wert auf kultursensible psychosoziale Angebote gelegt.
Erfreuliche Entwicklung: Wachsende Sensibilisierung in Betrieben
In den Betrieben wächst seit einigen Jahren das Bewusstsein für traumatische Ereignisse und ihre potentiellen psychischen Folgen. Die teilnehmenden betrieblichen Träger waren sich einig, dass die Behandlung einer erfassten psychischen Folgestörung wie der PTBS (Depression, Somatisierung) in die Hände von Fachpsychotherapeut*innen gehört.
Die abschließende Diskussion zeigte, als wie wertvoll alle Seiten eine zeitnahe regionale Vernetzung zwischen Betrieben und den sozial-pädagogischen, psychologischen und psychotherapeutischen Angeboten erachten. Deutlich wurde aber auch, dass Unternehmen noch sehr unterschiedlich aufgestellt sind, was die Übernahme präventiver gesundheitsfördernder Maßnahmen betrifft, die im Rahmen der gesetzlich geforderten betrieblichen Gefährdungsanalyse verpflichtend sind.
Hingewiesen sei an dieser Stelle auf ein von der DGUV entwickeltes Programm, das approbierten Psychotherapeut-*innen eine Weiterqualifikation für Leistungen bei psychischen Folgestörungen nach traumatischen Ereignissen anbietet. Wir meinen, dass besonders für junge approbierte Kolleg*innen die Zusammenarbeit mit der DGUV ein sehr interessantes und vielversprechendes Arbeitsgebiet darstellen kann.
Autorin: Archontula Karameros
Die Psychologische Psychotherapeutin Archontula Karameros ist Mitglied der Kommission Betriebliche Prävention der Psychotherapeutenkammer Berlin.