Zusammenhalt der Generationen
Das Problem der hohen Preise beim Verkauf psychotherapeutischer Praxissitze mit KV-Zulassung ist in der Berliner Kammer schon seit vielen Jahren ein schwieriges Thema. Auf der einen Seite beschweren sich die jungen KollegInnen erbittert darüber, dass Ihnen für die Übernahme einer Praxis Preise zwischen 50.000 und 70.000 € abverlangt werden, wo sie doch schon die enorm hohen Ausbildungskosten mit dem meist unbezahlten Praktischen Jahr finanzieren müssen und die abgebende Generation selbst nichts für die Zulassung bezahlen musste.
Auf der anderen Seite stehen die älteren KollegInnen, die ihre Praxen ganz oder teilweise aufgeben möchten, die sich damit etwas aufgebaut haben, die meist keine gute Altersvorsorge haben oder die einfach das Geld haben möchten, das sie am Markt erzielen können. Innerhalb der Profession liegen die Generationen an dieser Stelle im Krieg miteinander. Wer hat nun Recht? Wessen Argumente wiegen schwerer?
Die Kammern sind zur Neutralität und zum Ausgleich gegenüber ihren Mitgliedern verpflichtet. Die Problematik der hohen Verkaufspreise stellt sich in allen Bundesländern. Sie entsteht durch die Einschränkung der Niederlassungsmöglichkeiten im Zuge der Bedarfsplanung. Erst die Beschränkung erzeugt den Markt, der die Gewinne ermöglicht.
Die Zulassung zur Teilnahme an der kassenfinanzierten Gesundheitsversorgung ist dabei DER wertbestimmende Faktor. Wir vertreten nachdrücklich die Auffassung, dass es ethisch und fachlich keine Begründung gibt, um die Preise für die Praxissitze, die ein "öffentliches Gut" sind, völlig unkontrolliert dem freien Markt zu überlassen. Wir missbilligen die Ökonomisierung des Gesundheitssystem und treten für eine solidarische, dem Gemeinwohl verpflichtete Haltung unserer Profession ein.
Die Landeskammern Berlin, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen schlagen daher ihren Mitglieder ein gemeinsames Bewertungsmodell vor. Das Ziel ist es, transparente und nachvollziehbare Kriterien für die Wertbestimmung aufzustellen, die sowohl bei den Praxisübernehmern und den Praxisabgebenden Akzeptanz finden können.
Das Modell folgt dem Grundsatz der modifizierten Ertragswertmethode. Das ausführliche Papier finden Sie unten stehend. Hier zur Illustration ein Rechenbeispiel für eine vollausgelastete PT-Praxis:
Übertragbarer Praxisumsatz 137.164 €
- Übertragbare Praxiskosten 52.259 €
- Praxisspezifisches Psychotherapeutengehalt 74.000 €
- = Ideeller Wert der Praxis 10.905 €
- x Nachhaltigkeitsfaktor (mind. 2)x 2
- = Nachhaltiger ideeller Praxiswert 21.905 €
- + Substanzwert einer Praxis + xxx
- = Verkaufs-/Kaufpreis der Praxis = 21.905 € + xxx
Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir mit einem Bewertungsmodell den rechtlichen und den ethischen Widerspruch nicht lösen können. Unser Anliegen ist es, durch die Empfehlung eines Bewertungsmodells in dem Konflikt zwischen Möglichem und Wünschenswertem regulierend einzugreifen. Unsere Hoffnung ist es, dass dieses Bewertungsmodell einen fairen Kompromiss darstellt, mit dem beide Seiten leben können. Unser Wunsch ist, dass sich im Laufe der Zeit ein bundeseinheitlichen Praxiswertermittlungsverfahrens für Psychotherapeutische Praxen etabliert.
Der Vorstand
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